Ausstellungsarchiv

Cinque Stagioni

Thomas Arnolds, Max Frintrop, Benjamin Houlihan, Stefan Löffelhardt, Leunora Salihu

Ausstellungsdauer: 16.06. – 21.07.2019

Die Ausstellung führt fünf Positionen zusammen, die stellvertretend für die Bandbreite aktueller künstlerischer Ausdrucksintentionen stehen. Der Spannungsbogen reicht dabei von kraftvollen Farbkompositionen, malerischen Rückgriffen auf klassizistisches Formenrepertoire über vornehmlich handwerklich geprägte skulpturale Gestaltungen und verinnerlicht wirkende Zeichnungen bis hin zu kleinformatigen Formkörpern.

Max Frintrop

In seinen Bildern entwickelt Max Frintrop verschachtelte Dimensionen farblicher Tiefenwirkungen und erzeugt unerwartete Gegenüberstellungen von Oberflächen und Formen. Dabei sind seine Arbeiten mit vielen Skizzen geplant, bestehen aber immer auf einer Malerei der Ästhetik des Spontanen.

Leunora Salihu

Die 1977 im Kosovo geborene Leunora Salihu hat sich als Bildhauerin eine unverwechselbare künstlerische Sprache erarbeitet. Im Bewusstsein von Gegenwart beschäftigen die Künstlerin ganz elementare Themen der Bildhauerei wie konstruktive und organische Bauweisen, Bewegung in der statischen Form, die Auseinandersetzung mit Innen und Außen, Raum und Umraum sowie die Skulptur-Sockel-Problematik. Die skulpturalen Formen von Leunora Salihu basieren auf einem Prinzip von modularen Bauweisen aus manuell gefertigten Elementen. Dabei sind die Wahl der Materialien mit ihren spezifischen Eigenschaften und Prozessen und die Art und Weise der Bearbeitung untrennbar mit der Ausdrucksqualität der Skulptur verbunden. Die Bildhauerin sucht etwas Überzeitliches in Form und Material gepaart mit zeitlichen Aspekten der Bewegung. Es reizt sie, solche Gegensätze in einem klaren Bild zu verdichten. Gerade in einer von virtueller Welt und industrieller Massenproduktion geprägten Zeit ist für Leunora Salihu die Entscheidung, handwerklich mit Material zu arbeiten, wichtig und bedeutsam.

Benjamin Houlihan

Immer geht es Benjamin Houlihan um eine Reflexion, was Malerei, was Skulptur, was Zeichnung, was Fotografie letztlich sein kann. Immer auch um die ganz generelle Frage, was ist und was kann Abstraktion? Es entsteht im allerbesten Sinne ein heterogenes „Werk“, eine wundersame Dialektik von Körper und Entkörperung, von Inhalt und Oberfläche.
Impulse für die Formgestaltung seiner Objekte gewinnt Benjamin Houlihan oft aus alltäglichen, eher zufälligen Beobachtungen und neuen Blickwinkeln auf die Materialität und Oberflächenbeschaffenheit von Dingen und Phänomenen. Dabei geht es häufig um Härtegrade, die Materialien und deren Belastbarkeit, Steifigkeit, Volumendichte, Festigkeit und Widerstand definieren. Ein Härtegrad ist flexibel und vom jeweiligen Aggregatzustand abhängig – H2O kann Eis, Wasser oder Dampf sein. Diese Verwandlungen erkunden die Arbeiten von Benjamin Houlihan, zu diesem physikalischen Gedankenspiel lädt er uns ein. Er macht uns zu Mitspielern seiner Formexperimente und eröffnet neue Dimensionen zwischen den Aggregatzuständen. Ausgehend von der Form eines gefundenen Objekts transferiert er dieses in eine neue physische Existenz.
Diese Vorgänge halten Houlihans Arbeiten als „künstlerischen Prozess“ fest. Wie Relikte, Fragmente, die die ursprünglichen Formen nur noch erahnen lassen, die eine Narration vorgeben, ohne die Sprache zu kennen, und zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit neue Durchgangsformen suchen und finden. Insofern sind seine Experimente noch nicht abgeschlossen. Der Aggregatzustand pendelt permanent und anregend, Energie freisetzend zwischen Abstoßung und Anziehung, zwischen Form und Farbe, zwischen Form und Formlosigkeit. Das Faszinierende dieses Prozesses ist, dass Houlihans Arbeiten in ihrem neuen Umfeld als individuelle Formkörper und autonome Objekte bestehen. Sie sind als Ganze bruchstückhaft lebendig oder zumindest organisch wachsend anwesend.
(Gregor Jansen)

Thomas Arnolds

Thomas Arnolds lotet in seinen Werken zentrale Fragen der Malerei aus und spielt dabei mit Prinzipien der Wiederholung und Varianz, der Reduktion und Redundanz, der Akkumulation und Konzentration. Verwischungen und fein gemalte Partien stehen oftmals duktuslastigen Setzungen gegenüber. Materialität, Fläche und Struktur erweisen sich als vorherrschende Parameter in Arnolds Untersuchung malerischer Prozesse. Während er durch pastosen Farbauftrag einerseits Plastizität kreiert, negiert er bei seinen zweidimensional ausgeführten Ölbildern andererseits die Zentralperspektive und somit die räumliche Darstellung. Arnolds begreift Malerei immer auch als Ort der Konfrontation.
Nachdem der Künstler malerische Belange in seinen Anfangsjahren anhand der Grundfarben Rot, Gelb und Blau ergründete, wie seine Küchenbilder exemplifizieren, erweiterte er schließlich seine Farbpalette und erprobte diese zudem anhand monochromer Werke, darunter in Reinweiß, Hautfarben oder Blau. Aspekte der Farbsymbolik interessieren ihn ebenso wie metaphysische Phänomene. Arnolds zeigt gleichzeitig eine Bandbreite an Motiven, die neben Interieurs, Alltagsgegenständen oder Bonsai-Arrangements architektonische Sujets umfasst, ob in Form von Klinkerexpressionismus oder Säulenbasen, wie sie auf die klassischen Säulenordnungen und ihre klassizistischen Rückbezüge verweisen und in ihrer künstlerischen Neuinterpretation Momente der Beugung, Biegung und Dehnung spürbar machen. Fest steht: Arnolds entwirft in seiner malerischen Auseinandersetzung mit Natur, Kultur und Architektur einen ganz eigenen Bildbauplan.
(Nadine Seligmann)

Stefan Löffelhardt

Während Stefan Löffelhardts erste Zeichnungen nach Wolkenskizzen entstanden, also auf die Außenwelt Bezug nahmen, erscheint in seinen neueren Arbeiten eine Art innere Landschaft, ohne konkreten Gegenstand und ohne Maßstab.
„Ich taste mich sozusagen langsam in eine ungesehene Landschaft hinein, in einer Art von Tagtraum“, beschreibt Löffelhardt sein künstlerisches Vorgehen. „Dabei wende ich den Blick von außen nach innen. Da ist ein Zerfließen von Gedanken und Gemütszuständen, Strukturen, die sich in landschaftlichen Formationen zeigen, die ich notiere. Möglicherweise finde ich hier im eigensten Innern etwas, das über das Persönliche hinaus geht, im Sinne einer universellen Sprache, zu der jeder Zugang hat, als Möglichkeit zu einem nicht hierarchischen, weil von Zwecken befreiten Gespräch. Auf dem Grund der Seele liegt etwas Verbindendes, dessen landschaftlichen Strukturen ich mit dem Stift nachspüre.“

Fotos: Stephan von Knobloch

 

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