Ausstellungsarchiv

OFF I

OFF I

Salon Atelier, Dortmund /// adhoc Raum, Bochum /// New Bretagne-Belle Air, Essen

Ausstellungsdauer: 08.11. – 13.12.2015

Off-Orte sind in vielfacher Hinsicht als Gegenmodelle zu den etablierten Schauräumen der Museen, Galerien und Kunstvereinen zu bezeichnen. Off-Orte sind Plattformen der Präsentation, Produktion und des inhaltlichen Diskurses, die vor allem von jungen Künstlerinnen und Künstlern genutzt und gestaltet werden. Sie leben vom experimentellen und meist nicht-kommerziellen Engagement Kunstinteressierter und Kunstschaffender. Dabei geben die Off-Orte nicht nur den lokalen Kunstszenen wichtige Impulse – sie prägen und fördern längst auch die soziale sowie kulturelle Stadtentwicklung.
Das Projekt im Kunsthaus Essen will einen ersten Schritt zur Visualisierung der vielfältigen Kultur der Off-Orte im Ruhrgebiet leisten. Vorgestellt werden exemplarisch drei von Künstlerinnen und Künstlern betriebene Ausstellungs- und Kommunikationsplattformen. Neben der Präsentation und Diskussion dieser Off-Orte will die Ausstellung ebenso die Konzepte hinter den Initiativen und deren künstlerisches wie gesellschaftliches Selbstverständnis präsentieren. Sie will einen ersten Anstoss zur Wahrnehmung der Off Raum-Kultur im Ruhrgebiet als wesentlichen Impulsgeber für die Neuformierung von Stadtgesellschaft liefern.
Das Ausstellungsprojekt versteht sich als Medium der kontinuierlichen Sichtbarmachung der wichtigsten Off-Orte in der Region, um deren Bedeutung für die kulturelle Identitätsfindung des Ruhrgebietes herauszustellen.

AD HOC, ein Ausstellungsprojekt

Wir haben in den vergangenen Jahren eine tiefgreifende Veränderung in der Matrix der Ausstellungsraumstruktur erlebt. Die Arbeiten und Interventionen, denen die Aufmerksamkeit des Ausstellungsprojektes AD HOC gilt, gehören nicht mehr den Strömungen des Betriebssystems Kunst an, die auf eine dualistische Auseinandersetzung zwischen dem Ort, beziehungsweise dem Raum der Präsentation einerseits und dem präsentierten Gegenstand andererseits setzen. Die Arbeiten, die hier angesprochen und herausgefordert sind, befassen sich orts-, raum- und situationsbezogen mit den transformierten Vorzeichen der Räume, in denen sie zur Diskussion gestellt werden. Sie definieren multifunktionale Räume, in dem sie geradezu schanierartig sowohl Analogien als auch Differenzen erzeugen und eröffnen so nicht nur eine Dreiecksbeziehung zwischen Präsentationssignifikant, Präsentationssignifikat und Partizipient, sondern beeinflussen diesen Komplex in aktiver, wechselseitiger, dialogischer Weise und schaffen so regelrecht Nischen zur interdisziplinären Verknüpfung mit anderen Räumen. Darüber hinaus wird durch das Ausstellungsprojekt in Verbindung mit dessen Bezeichnung der Versuch einer Neukonzeption oder – präziser formuliert – einer Verlagerung der Begriffsbedeutung ad hoc unternommen, von einem Begriffsverständnis in Bezug auf Spontanität, hin zu einem Begriff der diesem eher konventionellen Wortgebrauch diametral entgegengesetzt ist, zu einem anderen Verständnis, das so viel meint wie für einen bestimmten Zweck hergestellt. Der Begriff ad hoc wird somit von einem Verständnis des Gestischen, der Schnelligkeit beziehungsweise der Beschleunigung, dem Affekt und der Nichtreflexion, hin zu einem Begriff des Entschleunigten, dem Affekt wiederstrebenden, eher Perzeptiven, Reflektierten verschoben. Der Versuch der Verlagerung des Begriffsverständnisses des Wortes ad hoc hat allerdings nicht wirklich die Neukonzeption zum Ziel, sondern die Betonung einer Bedeutung des Begriffes neben dem konventionellen Gebrauch des Wortes. Somit bezieht sich das primäre Vorhaben auf die Betonung beider konträrer Begriffsbedeutungen gleichermaßen. Neben dem konventionellen Begriffsverständnis soll ein anderes Verständnis in Stellung gebracht werden, das eben nicht die Konvention ablöst, sondern diese um ein weiteres, geradezu gegenteiliges Verständnis ergänzt. Dass dieses Vorhaben, der Versuch der Definition einer Bedeutungsambivalenz eines Begriffes, einer regelrechten Aufsplittung des Wortes ad hoc in seinem Konzept zur Konsequenz hat, muss nicht erst besonders herausgestellt werden. Bemerkenswert ist eher der Umstand, dass dies nicht auf dem Feld der Sprache beziehungsweise des Textes, der Theorie geschieht, sondern im Medium der Kunst oder genauer gesagt, auf der Ebene der Architektur des Ausstellungsortes, der Beschaffenheit der (Doppel-) Garage, in die in zweiter Instanz Inlay-artig ein Ausstellungsraum eingesetzt wurde, der in seiner (Innen-) Architektur die provisorische Raumhülle für die in ihm gezeigte Kunst bildet, die wiederum diesen „flexiblen“ Raum erst im Kontext der Präsentation zum Ausstellungsraum (spezifischer Art) erklärt.
(Text: Tobias Prinz, 2014)

Salon Atelier

Das Salon Atelier ist eine Ateliergemeinschaft elf junger Künstler im Dortmunder Unionviertel, beheimatet in einem ehemaligen Friseursalon. Das Ladenlokal in der Adlerstraße dient den Mitgliedern als Arbeits-, Kommunikations-, und Möglichkeitsraum. In Intervallen werden hier Ausstellungen realisiert, die durch partizipative Elemente einen intensiven Austausch mit den Anwohnern ermöglichen. Seit seiner Gründung im Jahr 2009 ist das Salon Atelier stark mit anderen Kunst- und Kulturschaffenden im Dortmunder Unionviertel, im Ruhrgebiet und in ganz Deutschland vernetzt. Im Frühjahr 2014 gründeten die Mitglieder des Salon Ateliers den gemeinnützigen Verein Salon Atelier e.V.
Über die Aktivitäten im Unionviertel hinaus realisieren die Mitglieder auch als Künstlergruppe gemeinsame Projekte, wie ROMBERGLAND (2012) und FRISEURSALON (2014), die an der Schnittstelle zwischen darstellender und bildender Kunst anzusiedeln sind.
Beteiligte: Roland Baege, Jascha Fidorra, Nicola Gördes, Stefan Gutsche, Nico Jarmuth, Ilona Kohut, Alischa Diana Leutner, Natalie Roeder, Silke Schönfeld und Astrid Wilk
salon-atelier.de
facebook.com/pages/Salon-Atelier
friseursalon-salon.jimdo.com

New Bretagne / Belle Air

Belle Air ist ein unabhängiger Kunstraum in Essen, der im Juni 2014 von der Künstlergruppe New Bretagne gegründet wurde und im monatlichen Turnus in kuratierten Ausstellungen junge und zeitgenössische, medienübergreifende, künstlerische Positionen zeigt. Mit zwei Ausstellungsräumen und einer Fläche von insgesamt 65 m2 befindet sich Belle Air in einer ehemaligen Hinterhofwerkstatt im Essener Südostviertel. Seit der Eröffnung hat New Bretagne Ausstellungen u.a. mit Lilli Thiessen, Cedric Eisenring, Christian Rothmaler, Philipp Schwalb, Calla Henkel & Max Pitegoff, Philipp Rühr & Henning Fehr, Jan Kiefer, Dunja Herzog und Christoph Esser realisieren können. Außerdem befindet sich im Belle Air eine permanente und stetig wachsende Bibliothek mit Künstler*innenbüchern, sowie im Obergeschoss in den Räumlichkeiten eines ehemaligen Schützenvereins eine zu den Ausstellungen geöffnete Bar (Bel Etage).

Fotos: Stephan von Knobloch

 

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