Ausstellungsarchiv

Skulptur

Renate Neuser

Ausstellungsdauer: 07.04. – 12.05.2019

Renate Neuser ist Sammlerin, Forscherin, Reisende in unbekannte Gefilde, Zauberin, Visionärin und Entdeckerin. Sie selbst sagt über ihre künstlerische Arbeit, sie wolle das Ungewöhnliche, Schöne, Hässliche, Geheimnisvolle und Sinnliche von Material zum Klingen bringen. Ihr Atelier ist zugleich Hort aller erdenklichen Fundstücke, ein Zaubergarten skurriler Bewohner und zugleich naturwissenschaftliches Laboratorium, ein Ort für Experimente und Werkstatt für nie versiegende gestalterische Impulse. Hier entstehen Objekte, Zeichnungen und Installationen, welche die Betrachter in eine fremde Welt entführen, die komisch sind, einen stillen Humor in sich tragen und zugleich beängstigend, phantasievoll und zuweilen nüchtern-wissenschaftlich anmuten. Die Arbeiten lassen Elemente aus Fauna und Flora aufscheinen, Wiedererkennbares, verfremdete Fragmente unserer Alltagswelt, gespeist aus dem Inventar eines Baumarktes, aus Haushalt, bunter Spielzeugwelt und Comicliteratur. Aus diesen Materialien entsteht ein merkwürdiger Kosmos von Lebewesen, die zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit oszillieren. Das Spektrum reicht dabei von zauberhaft zarten botanischen Zeichnungen bis hin zu schrillen, in knalligen Farben gehaltene Objekte. Mimesis und Neuerfindung entfalten eine hybride, verschlungene Tier- und Pflanzenwelt, deren seltsam verstiegen anmutende Existenz sich auch in den Titeln der Arbeiten wiederspiegelt. Renate Neusers Gebilde tragen klingende Namen wie „Butonia“, „blingbling“, „Flugqualle“ oder Phantasiebezeichnungen wie „Corallus Manus“, um damit einen eigenen Kosmos aus Objekten und deren Bezeichnung zu kreieren. Immer wieder finden sich im Werk der Künstlerin Fundstücke banaler Art und Herkunft wie etwa hölzerne Stühle, Kommoden und Tischchen, die zu Sockeln oder Behältnisse für ihre skurrilen, phantastischen Gestaltungen umfunktioniert werden. Im Zuge eines künstlerischen Transformationsprozesses entstehen aus alltäglichen Kunststofferzeugnissen, Glasformen und Produkten des täglichen Gebrauchs Wesen von eigentümlich fremder, faszinierender Schönheit, die ihre Herkunft verschleiern und aus einer anderen Welt an die Oberfläche des Sichtbaren gelangt zu sein scheinen. Gebilde, mit denen die ungreifbaren inneren Welten fremder Existenzen zur sichtbaren Form gerinnen. Es ist der spielerische Umgang mit unterschiedlichen Materialien und deren Funktionen, welcher der Künstlerin den Weg hin zur letztgültigen Gestaltung weist. Die Materialien erleben handwerkliche Veränderungsprozesse, werden umgedeutet, aus ihren gewohnten Funktionszusammenhängen herausgelöst und derart miteinander kombiniert, dass daraus neue Wesenheiten entstehen. Es sind erdachte Lebewesen, entsprungen aus erdachten Welten, aus Welten, die dennoch in Kontakt zu unserer eigenen Lebenswirklichkeit stehen, zur Wirklichkeit des Traumes, der verborgenen Ängste und Emotionen, der Tagträume und überreizten nächtlichen Schlaflosigkeit.

(Text: Carola Schneider / Uwe Schramm)

Fotos: Stephan von Knobloch