Beate Spalthoff
Ausstellungsdauer: 29.01. – 27.02.2000
Die Bildinstallationen Beate Spalthoffs wirken wie die verschwommene Erinnerung an banale Versatzstücke aus der Resopalästhetik der klassischen Einbauküche und ähnlich funktionalistischer Wohnelemente. Einzelne Leinwände zeigen Schranktüren, Handtuchhaken, Prilblumen, Regale, zu Schrankwänden zusammengehängt oder Fragmente von überdimensionalen, kompletten Küchenfronten, die als Gesamtbild nur auf den ersten Blick Stimmigkeit vorgeben. Auf den zweiten zerfällt die Normalküche in vielschichtig-transparente Lasurmalerei. Das Möbel zeigt sich auf der Leinwand in seiner abstraktesten Form. Auch in den Darstellungen unterschiedlich großer Fronten von Bildschirmen, Fernsehern und Computertastaturen zeigt sich der Blick für die formalen und absurden Qualitäten profaner Alltagsgegenstände. Durch die raumbezogene Hängung entsteht eine Art Wandmöblierung, die das Thema „Wohnen“ auf einer weiteren Ebene reflektiert.
„Im Grau des Regenbogens“
Hatte bereits die niederländische Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts das „Küchenstück“ als eigenständiges Genre hervorgebracht, so verhilft Beate Spalthoff mit ihren „Küchen in Stücken“ der häuslichen Sphäre zu einer sehr speziellen Bildwürdigkeit: Ihre Arbeiten verdeutlichen, daß die Utopie der modernen Küche dank der Entwicklung und Durchsetzung von Prototypen real geworden ist. Die Installation „Regina“, die Königin unter den Einbauküchen, macht uns darauf aufmerksam, wie das Prinzip der Fragmentierung alle Lebensbereiche durchzieht.
Der historischen Gattung des Interieurs gewinnt die Künstlerin neue Aspekte ab, sie stellt Innenräume nicht einfach dar, sondern definiert Raumsituationen erst. Zum einen überschreitet sie die Grenze zwischen Malerei und skulpturalem Ensemble, zum anderen weist jedes Einzelbild für sich eine zusätzliche Raumebene auf: Die Farbschleier, die Beate Spalthoff in zahlreichen (bis zu 40) Lasurschichten auf die Leinwand bringt, erzeugen keine unbunte Grisaille, sondern bestehen aus feinen Lagen in den Farben des Regenbogens und eröffnen so eine verblüffende Tiefendimension. In dieser Technik wirken selbst die Prilblumen, unsere selbstklebenden Zeitzeugen der 70er Jahre, eigentümlich vergeistigt. Die allen Bildwerken gemeinsame Anmutung von gewebten Stoffen verweist auf die kulturgeschichtliche Verwandtschaft von Kleiden und Wohnen: Nach der Kleidung ist das Haus als Hülle die dritte Haut des menschlichen Körpers.
Zum Raum wird hier die Zeit, wenn jedes Objekt nur für einen Augenblick vorbeizuschweben scheint. Denn anders als bei der barocken Illusionsmalerei des Trompe l’oeil sind die Bildfläche der Leinwand und das Abbild der dargestellten Oberfläche nicht deckungsgleich: Alle Objekte sind über- oder angeschnitten bzw. lassen noch Streifen des Bildgrunds sichtbar, sind selten maßstabsgetreu wiedergegeben oder geraten ins Wanken, weil die gewohnte Vertikalität gestört wird. Immer wieder führt Beate Spalthoff mit hintergründigem Humor vor Augen, daß das Bild als bemalte Leinwandfläche und das Abbild nicht identisch sind. Frei nach Magritte müssen wir bekennen „dies ist keine Waschmaschine“ und uns dem Mysterium der Alltagsdinge aussetzen. Wenn sie das Gemälde eines Computerbildschirms „Darling“ nennt, ironisiert sie gerade die Vermenschlichung von Dingen, die wir als alltägliche Helfer nutzen. Spielerisch distanziert wechselt sie zwischen real und absurd, Humor und Kritik, zwischen Malerei und Zeichnung, zwischen der zweiten und dritten Dimension.
(Anna Zika)
Foto: Carola Schneider