Ausstellungsarchiv

rotsehen

Katharina Lökenhoff

Ausstellungsdauer: 09.02. – 17.03.2002

Katharina Lökenhoff ist seit Juli 2001 aktives Mitglied im Kunsthaus Essen. Das Thema der Künstlerin ist die Farbe, die natürlich in ihrer Malerei eine große Rolle spielt, und hier visuell und theoretisch reflektiert wird: „Sehen Sie sich die Bildern an, nehmen Sie auf einem der roten Stühle Platz, setzen Sie eine rote Augenklappe auf und lauschen Sie per Kopfhörer – nicht wie üblicherweise in Museen kunstwissenschaftlichen Erklärungen – sondern skurrilen und teilweise absurden Fragen zur Wahrnehmung und zu Phänomenen, die von Rotkehlchen bis Alpenglühen das Thema „ROT“ umkreisen. Der Ausstellungstitel „rotsehen“ ist doppeldeutig und meint zum einen die optische Wahrnehmung der Farbe rot und zum anderen eine aus dem Stierkampf entlehnte Redewendung, die einen emotionalen Zustand entfesselter Wut zum Ausdruck bringt, in dem der Verstand ausgeblendet zu sein scheint. Auch in der Ausstellung ist eine direkte Herangehensweise gewünscht: Sinnlichkeit, Wahrnehmung, Erleben. „Farben sind Energien, die mit dem ganzen Körper aufgenommen werden“, so der von Katharina Lökenhoff sehr geschätzte Maler und Kunsttheoretiker Raimer Jochims.

Lökenhoffs Bild „disposition zum sehen des marienkleides“ ist eine Symphonie von Rot- und Orangetönen und entfaltet seine Wirkung je mehr, je länger man es betrachtet: Zwischen den Schichten eines leuchtenden Orange blitzt Schwarz durch, man entdeckt mit der Zeit immer mehr Farbtöne, die fast plastisch erscheinen und erkennt, wie auch die Wand und sogar der Umraum sich verändern. Die Zweidimensionalität des Bildes öffnet sich zum Bildraum, wenn man ganz nah an das Bild herantritt und sich quasi ganz der Farbe ausliefert. Mit der Dauer der Anschauung verwandelt sich das Bild und die Wahrnehmung wird immer sensibler für Nuancen.
Ihr aus 58 Einzeltafeln bestehendes Arrangement erscheint in der Form eines Textes und verdeutlicht, dass Malerei hier als Sprache verstanden wird, die etwas mitzuteilen hat: Farbe ist unmittelbare Anschauungswirklichkeit. Viele Schichten von Wachs und Farbe liegen übereinander und werden immer wieder mit dem Spachtel abgezogen. Die Bilder sind bei genauem Hinsehen sehr unterschiedlich, sind fast monochrom, zeigen Chiffren im Vordergrund und plastische Strukturen. Korrespondenzen lassen sich erkennen, aber auch Differenzen.
Auch eine kleine Serien von je sechs Bildern variiert viele verschiedene Rottöne: „Das Rot ist sehr reich und verschieden in der materiellen Form.(…) Warm und kalt kann freilich jede Farbe sein, aber nirgend findet man diesen Gegensatz so groß wie beim Rot. Eine Fülle von inneren Möglichkeiten!“ (Kandinsky, Über das Geistige in der Kunst, 1911).

Ausstellungsfotos: Ingrid Weidig