Karsten Konrad, Jan Muche, Tanja Rochelmeyer
Ausstellungsdauer: 15.03. – 03.05.2015
Nachdem das aktuelle Kunstgeschehen lange Zeit von figurativen Darstellungstendenzen geprägt wurde, kündigt sich seit geraumer Zeit in der Malerei und Skulptur wieder eine verstärkte Hinwendung zu Abstraktion und Konstruktivismus an, die – nicht selten im freien Rückgriff auf Tendenzen der 1920er Jahre – erfrischend neue und nahezu unverbraucht wirkende Perspektiven auf die aktuelle Kunst eröffnet.
Jan Muche
Wie soll man es nennen, wenn ein Künstler sich neu orientiert und seine bisherige Bildstrategie hinterfragt bzw. sich von seinen über Jahre hinweg entwickelten Markenzeichen bzw. vertrauten Kompositionselementen verabschiedet? Neuanfang? Weiterentwicklung? Wahrscheinlich beides zugleich. Im Fall der neuen Arbeiten von Jan Muche (geb. 1975, lebt u. arbeitet in Berlin) heißt das, dass der Künstler auf Texte und Wortfragmente im Bildaufbau verzichtet und seine bislang figurativ und architektonisch inspirierte Motivik wie auch die mitunter schrillbunte Farbigkeit drastisch verändert. Text- und menschenleer sind seine aktuellen Werke, die Farben sind schmutzig und düster, ganz so als hätten sie Jahrzehnte auf einem Dachboden hinter sich. Die Motive sind zwar immer noch architekturaffin und somit nicht komplett anders als früher, aber Muche verzichtet beinahe völlig auf das narrative Element der Menschendarstellung bzw. figürlichen Silhouetten. Stattdessen wählt er komplexe, kaum noch erfassbare, abstrakte Konstruktionen, die in der Regel aus architektonischen Entwürfen und Fotografien abgeleitet sind. Muche verfremdet diese jedoch so stark in Richtung Ornament und Muster, dass kaum noch erkennbar ist, ob nun eine Fernsehturm-Stahlkonstruktion aus den 1920er Jahren oder ein modernistischer bzw. utopischer Dachentwurf zugrunde liegt.
(Text: Sven Drühl)
Tanja Rochelmeyer
Klarheit und Brillanz der Oberflächen und Perfektion der Linien und Farbverläufe prägen den ersten Eindruck dieser Gemälde von verwirrenden architektonischen Gegebenheiten. Tanja Rochelmeyer (geb. 1975, lebt u. arbeitet in Berlin) verwendet Fotografien von Räumen und verändert sie auf dem Computer. Dann malt sie die entstandene Architektur auf Leinwand und auch auf Papier.
Als Quelle der Inspiration dienen ihr Bilder von Architekturen aus Büchern oder Magazinen. Mögen perspektivische Strukturen oder auch formale Details wie Spiegelungen in Glasflächen auf das piktorale Material zurückführbar sein, so entsteht in diesem Dialog zwischen fotografischen Vorlagen und dem leiblichen Resonanzraum der Künstlerin etwas völlig Neues, das dann zum gemalten Bild erwächst.
Tanja Rochelmeyer schafft in ihren Werken das labyrinthisch, absurde Gefüge eines zersplitterten Raumes, der Anklänge an die Multiperspektivität eines kubistischen Bildbegriffs in sich birgt. Doch es geht bei ihren Bildern nur bedingt um optische Fragen. Sie sind eher unter transperspektivischen Aspekten zu greifen als Hybride zwischen dem physikalischen und dem virtuellen Raum.
(Text: Galerie Fahnemann / Marc Wellmann)
Karsten Konrad
Material mit Geschichte, Erfahrungsmaterial mit Abnutzungserscheinungen und Gebrauchsspuren, doch genauso unbefleckter Hochglanz. Die Spanne ist sehr weit: Von Industrie- oder Handwerksprodukten über Laienerzeugnisse zu outsider-Fragmenten. (…) Sie (die Plastiken) stellen nichts dar, außer das Arbeitsprinzip. Ihr Gemachtsein, das müssen sie vertreten. Sie verteidigen ihren Platz in der Welt.
(Karsten Konrad)
Karsten Konrads (geb. 1962, lebt u. arbeitet in Berlin) Skulpturen tragen auf ihrer Oberfläche deutliche Spuren eines früheren Gebrauchs der jeweils verwendeten Materialien. Seine Wandobjekte und skulpturalen Werke bestehen zumeist aus Fundstücken, die, ihrem ursprünglichen Gebrauchskontext entzogen, vom Künstler zerlegt, bearbeitet und in Form gebracht sind, um im Zuge eines elementaren Umdeutungsprozesses in eine neue, farbig wie formal strukturierte Ordnung gebracht zu werden. Dabei unterliegt der plastische Gestaltwerdungsprozess einem hohen Maß an künstlerischer Disziplin und Stringenz im Gebrauch der zum Einsatz gebrachten Mittel. Konrad verwendet nur die von den Fundstücken selbst vorgegebenen Farben, ebenso wie deren formales Repertoire. Nichts fremdes wird hinzugefügt. Alles entsteht aus der Grammatik des vorgefundenen Vokabulars. Das Ergebnis dieses plastischen Gestaltungsprozesses besteht in der Schaffung abstrakter Gebilde, die zwar immer noch den Geist des Vorherigen atmen, durch ihre optische Erscheinung jedoch eine neue und damit eigenständige skulpturale Realität darstellen.
Fotos: Stephan von Knobloch
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