Ausstellungsarchiv

Let’s dance

K. Beilstein, D. Czupryn, V. Keckstein, J. Leidenberger, C. Müller, T. Nink, N. Nowak, B. Richter, H. Schattanik

Ausstellungsdauer 31.05. – 12.07.2015

Die Staatliche Kunstakademie Düsseldorf zählt mit ihrer fast 250jährigen Geschichte zu den innovativsten Kunsthochschulen. Aktuell zählen zur Professorenschaft Künstlerinnen und Künstler wie Katharina Fritsch, Rita McBride, Rosemarie Trockel, Andreas Gursky, Peter Doig, Hubert Kiecol und Katharina Grosse, die mit ihrem eigenen Werk und individuellen künstlerischen Ansätzen das Erscheinungsbild der Akademie und die daraus erwachsene junge Künstlergeneration maßgeblich prägen. Das künstlerische Profil der Akademie gelangt insbesondere mit den Maler- und Bildhauerklassen zu einer nachhaltigen Ausprägung, was sich bei den jährlich stattfindenen öffentlichen Akademierundgängen eindrucksvoll überprüfen lässt.
Die  Ausstellung präsentiert insgesamt neun künstlerische Positionen aus unterschiedlichen Akademieklassen. Der Spannungsbogen reicht dabei von Arbeiten aus dem Bereich Bildhauerei über Malerei und Fotografie bis hin zu aktuellen Videoarbeiten.

Beatrice Richter

Jede künstlerische Arbeit, ob auf der Leinwand oder dem Papier, beginnt mit dem Prozess der abstrakten Malerei und dem möglichst freien Umgang mit Farbe und ihren Stärken und Möglichkeiten. Die unterschiedlichen Materialien wie Tusche, Acrylfarbe, Spraylack und Graphit müssen sowohl mit-, als auch gegeneinander kämpfen, sich beweisen, ergänzen, voneinander absetzen. Starke Kontraste und Freiheit spielen in meiner Arbeit eine zentrale Rolle. Die Farben müssen leuchten und vor Gift förmlich „stinken“. Der vorerst völlig gegenstandslose Umgang mit der Farbe ist wie ein Genuss und legt den Grundstein für die – mal mehr, mal weniger – abstrakte Entwicklung des Bildes.

Conrad Müller

Oh tiefgrüne Weide, oh leuchtend rote Blume! Ich weiß, ihr habt gar keine Farbe. (Ikkyû Sôjun)
Meine abstrakten Arbeiten konzentrieren sich auf den Raum hinter den Dingen, der wahren Natur der sichtbaren Phänomene. Gefühle, Gedanken, Worte und Farben kommen alle aus demselben endlosen Raum und kehren dort am Ende wieder hin zurück. In der Stille wird dieser Raum erfahrbar.

David Czupryn

Kleiner Raum. Angeschnittener kleiner Raum; Treppe-Fenster. Nische =ᐅ Stillleben!? Handwerk? Eher Installations-Ansicht, INSTALLATION VIEW. Alltägliche Formen erkennbar. Das Interieur zeigt Faszination an div. Materialien. An verschiedener Stofflichkeit. Sachlich dargestellte stoffliche Dinge. Diese Dinge haben einen Ursprung. Ergonomisch, vom Menschen selbst getestet, weisen sie eine spezielle Größe auf. Zweckentfremdet zur Story hin, als Attrappe genutzt. Improvisiert, denn Spielzeug kann bei Kindern alles, auch fliegen. -Und bei mir sowieso! – Ein Loch im Tisch? Fragwürdig? Nein! Hier ist alles eine Frage der Materialpolitik. Es ist Tag, also Tageslicht, denn das Bild zeigt keine direkte Lichtquelle. Es ist Bernd&Hiller-Becher-Wetter. Der Raum, in dem das Bild hängt, beleuchtet das Bild, die Fläche. Der cm² ist genauso wichtig wie der m². Alles ist hier scharf gestellt.

Hedda Schattanik

Das Video (Die Malerin, HD Video, 6:23 Min) war die Folge dreier, auf intuitiven „Bild-Ideen“ basierende Arbeiten: ‚Film rustikal‘, ‚Singularität RGB‘ und ‚Ohne Titel‘. Dabei werden mögliche Aspekte, die eine ‚Malerei als Solche‘ aussmachen könnten, nur vage angezeigt. Es sind letztlich komische Gebilde, die genau zwischen Bild und Objekt stehen. Die Malerin selbst, die diese Mischformen nur mit Titel vorstellt, steht mit ihrem Akt-Kostüm als vierte maskierte Figur tragisch gleichwertig zwischen ihren Arbeiten. Die Küche, hier das Atelier der Malerin, hat alle Zutaten: Nacktheit, Bewegt-Bild, glänzende, reflektierende Oberflächen, Gestus, musikalische Ekstase, historische Bezüge. Im Sprachwust des Weltgeschehens jedoch geht die Stimme der Malerin unter.

Johannes Leidenberger

Meine Arbeiten sind Produkte eines selbstreferenziellen Systems, in dem ich als Operator wirke. Angestoßen durch Gedanken über meine Umwelt entstehen im Prozess Objekte, die unter eigenen Gesetzmäßigkeiten Probleme aufwerfen, welche ich zu lösen versuche. So entwickeln sich im Werk Sinnzusammenhänge, die für mich exemplarisch für soziale Interaktionen stehen. Das Objekt selbst kann als eigenständiger Part dieses System verlassen und wird zum Kommunikator, der in die Umwelt des Betrachters eintritt.

Katharina Beilstein

Es gibt keinen bestimmten dress code, um die Skulpturen von Katharina Beilstein betrachten zu können. Keine Kleiderordnung, weder im privaten, noch im kulturellen Bereich. Die aus Lindenholz geschnitzten Skulpturen haben etwas ergonomisches. Das Format und ein Teil der Formgebung erscheint in gewisser Weise handhabbar, ähnlich einem Produkt, welches zu menschlichen Zwecken komfortabel hergestellt ist. Innerhalb dieser Maße scheint ein weitaus grösserer Teil der konvexen und konkaven Formen nach einem anderen Prinzip erfunden. Die Oberflächen sind polychrom lackiert. Der Hochglanz ist eine Spiegelfläche und definiert die Form der Skulptur anders, als die nur durch Licht und Schatten geprägten, matt lackierten Formen. Etwaige Plastikteile sind präzise montiert.Das Handwerk – Mittel zum Zweck.
(Text: David Czupryn)

Nina Nowak

In meinen Arbeiten beschäftige ich mich mit der Beziehung zwischen dem menschlichen Köper und Objekten des alltäglichen Lebens. Die Medien wachsen der Aufgabe zu. Ausgangspunkt für die Arbeiten sind dabei nicht nur Gebrauchsgegenstände wie Möbelstücke oder andere Alltagsprodukte, sondern auch historische Artefakte, die der Mensch zur Modifikation des Körpers in verschiedenen Jahrhunderten und Kulturen erschaffen hat. Mich interessiert, wie die Dinge, die uns im Alltag umgeben, das Handeln beeinflussen und welche gesellschaftlichen Konstrukte sie dabei verkörpern.

Tobias Nink

Tobias Ninks künstlerischer Ansatz beruht auf dem Prozess der Zerstörung. Der Bildhauer zerlegt Möbelstücke mit Geschichte wie einen ausrangierten Gasherd oder einen Holzschrank mit eingelassenen Intarsien, um diese wieder neu, aber diesmal andersartig zusammenzusetzen. So entstehen schlanke, an menschliche Leiber erinnernde Körper ohne Funktion, allerdings mit Erinnerungen an ihren früheren Gebrauch. Das Muster auf der Holzoberfläche erinnert nunmehr an Tätowierungen auf menschlicher Haut, während die sanft geschwungene Silhouette an menschliche Körperrundungen erinnert. Der Prozess der Dekonstruktion von seelenlosen Einrichtungsgegenständen führt hier letztlich wieder zu einem Urmotiv bildhauerischer Tätigkeit, den menschlichen Körper zurück.

Vera Keckstein

Eine Urform. Eine Einheit. Dann Hitze. Deformation. Gewalt. Ein Bruch in Zwei. Auflösung. Es schmilzt. Vibriert. Flimmert. Eine Atempause. Ein Ruck. Es bricht aus. Fließt. Schwingt. Erzittert. Kommt ins Stocken. Wird verschlungen. Verbindet sich mit der Umgebung. Erkaltet. Verlangsamt sich. Gerinnt. Erstarrt. Wird wieder Eins. Die Bewegung festhaltend. Etwas Neues. Konkrete Abstraktion – die Abstraktion als Form, welche zur Konkretion gebracht wird: Ein Fluss. Eine bewegte Spannung, die festgehalten wird, ohne zum Stillstand gebracht zu werden. Ein Anfang geht über in ein Neues und hält die Veränderung fest. Ein Raum, der sich aufspannt. Ins Unendliche fortgeht. Es materialisieren sich Formen, an deren Ende immer wieder die Möglichkeit eines neuen Anfangs steht.

Fotos: Stephan von Knobloch

Gefördert durch: Sparkasse Essen