Julia Charlotte Richter
Abschlussausstellung zum 15. Stipendium „Junge Kunst in Essen“
Ausstellungsdauer: 05.05. – 16.06.2013
Veränderung, Übergang, Neufindung sind Themen, die die Videokünstlerin Julia Charlotte Richter vorrangig beschäftigen. In ihren Filmen markiert sie Lebenssituationen, die Momente voller innerer und äußerer Bewegung bedeuten: die Transformation von einer vormals behüteten Kindheit, vom Jugendlichen zum Erwachsenen, bei der auch das selbstvergessene Spiel mit den Bausteinen der Realität die Vorahnung einer sich verändernden Wirklichkeit beinhaltet. Die Künstlerin zeigt, dass es keine einfachen Antworten auf die Frage nach einer emotionalen wie gesellschaftlichen Verortung gibt und sich die Gestaltung von individuellen Lebensentwürfen keineswegs als ein leichtfertig zu realisierendes Unterfangen darstellt. Ihre Videoarbeiten „kreieren materielle und metaphorische Orte des Übergangs von der Kindheit zum Erwachsensein. Sie lädt uns ein, für einen Moment mit ihr an der Schwelle zu verweilen, an der beide Lebensphasen ineinanderfallen.“
(Alexandra Gerbaulet)
In Richters lautloser Videoarbeit „Down the Rabbit-Hole“ schweift die Kamera in ruhigen, fast sanft anmutenden Bewegungen über eine Gruppe junger Frauen, die in einem Zimmer auf dem Boden liegen. „Allein oder aneinander geschmiegt, offen ausgebreitet oder zusammengekauert sind sie aus keinem sichtbaren Grund in den Schlaf gesunken. Nichts, auch kein Licht scheint sie wecken zu können. Die herumliegenden Gegenstände auf dem Boden, auf der übervollen Kommode, die Kleidungsstücke, die Kuscheltiere, nichts gibt einen wirklichen Hinweis darauf, wo genau sie sich befinden und was sie vorher getrieben haben. Alles aber – einschließlich der Kamera – erzeugt ein Stimmungsbild, ein noch sich selbst gewisses, mädchenhaftes Körper- und Lebensgefühl, das wie der Loop kein Ende kennen will.“
(Bernhard Balkenhol)
Diese Mädchen kann man nicht wecken. Wie in einer großen narkoleptischen Wolke gefangen, scheint ihr Zustand der in sich gekehrten Ruhe und Selbstversunkenheit endlos zu sein, wie die Sehnsucht nach einer erfüllten Existenz.
Julia Charlotte Richter
„Setting“ – Videoinstallation (Projektion) – 05:00 min, 2013
Im Spiel simulieren Kinder das Leben. Unbedacht und schelmisch wird durchgespielt, was sich vielleicht in der Zukunft in vollem Ernst ereignen könnte.
Regie, Produktion, Schnitt: Julia Charlotte Richter
Darstellerinnen: Chiara, Venice und Eyleen von der Ardeyschule Essen
Kamera, Licht: Barbara Hirn, Jan Bode
O-Ton: Helmut Uhlig
Tonmischung: Julia Charlotte Richter, Studio Debussy (Kunsthaus Essen)
Assistenz: Ann Schomburg
Julia Charlotte Richter
„Promised Land I“ – Videoinstallation (Projektion) – 07:00 min, 2013
Businesswelt. Der Blick geht in einen schicken Konferenzraum, wo einige Geschäftsmänner herum stehen und dann Platz nehmen. Ratlos und stumm sitzen die Männer am Tisch. In der klaustrophobischen Stimmung kommt es zu absurden Handlungssequenzen und argwöhnischen Beobachtungen.
Regie, Produktion, Schnitt: Julia Charlotte Richter
Darsteller: Ben Akkaya, Matthias Eberle, Nicola Mastroberardino, Ronny Miersch, Michael Piehler, Sebastian Songin, Daniel Stock
Kamera, Licht: Ben Brix, Barbara Hirn
O-Ton: Paul Mayer
Tonmischung: Julia Charlotte Richter
Maske, Kostüm: Franziska Zoubek
Setfotos, Catering: Ann Schomburg
Julia Charlotte Richter
„Fish Tank“ – Videoinstallation (3 Projektionen) – 07:56 min, 2013
Inmitten einer mysteriösen Aquarien-Wasserwelt haben sich junge Mädchen niedergelassen, wartend und stumm. Sie sitzen herum zwischen den Glasbecken, die Gesichter sind nach innen gekehrt, die Fische glotzen. Es ist die Zustandsinszenierung eines ausgedehnten Innehaltens in einer übersättigten Realität, die übersprudelt von unerreichbaren Idealdiktaten, fabrizierten Träumen und konsumierbaren Versprechungen.
Regie, Produktion, Schnitt: Julia Charlotte Richter
Darstellerinnen: Justina Ehlert, Marina Hasenaug, Ali Minoo Kruljac, Josephine Resta, Noel Nadrowski, Zoe Nellissen, Eva Schütte, Greta
Backhaus, Johanna Gößling, Martha Pung, Maya Hörmann, Emma Bultmann, Anna Luisa Grochot, Anna Wiehager, Rosanna Baltes,
Larissa Schwill, Christina Ruhl, Julia Oberholz, Josephine Jüde, Carolin Landefeld, Sophia Nahit von der Waldorfschule Essen
Kamera, Licht: Ben Brix, Barbara Hirn
Tonmischung: Julia Charlotte Richter
Maske, Kostüm: Franziska Zoubek
Julia Charlotte Richter
„Promised Land II“ – Videoinstallation (Projektion) – 03:50 min, 2013
Der in “Promised Land I“ inszenierte Zustand der Sprach- und Ratlosigkeit mündet in „Promised Land II“ in einen unaufhaltbarem Zusammenbruch.
Fotos: Stephan von Knobloch