Ausstellungsarchiv

Pneumaphorismen

Inga Buchholz

Raum- und Klang-Installation
Ausstellungsdauer: 28.04. – 20.05.2001

Das Kabinett im Kunsthaus Essen zeigt vom 28. April bis zum 20. Mai die Raum-Klang-Installation PNEUMAPHORISMEN – balgmaschine 2 von Inga Buchholz. Das Zusammenspiel von technischer Kühle, fließenden Luftströmen sowie Klangereignissen, die mal zart die Stille des Raumes durchbrechen, um dann plötzlich zu einem mächtigen Grollen anzuschwellen, läßt den Betrachter/die Betrachterin in ein Wechselbad aus rationalen Überlegungen und spontanen Gefühlen tauchen. Die raumfüllende Installation besteht aus einem Feld von 15 Luftkissen aus schwarzem Gummi, die von 15 Ventilatoren, gesteuert von einem Computer und mit Strom versorgt von 15 PC-Netzteilen, reversibel mit Luft gefüllt und wieder entlüftet werden. Verbunden mit den Bewegungen der Kissen ertönen verschiedene, den einzelnen Kissen spezifisch zugeordnete Klänge. Bei diesen handelt es sich um erdachte Klangereignisse, die von zwei Akkordeonisten eingespielt und anschließend mit Hilfe eines Computers verfremdet wurden.

Luft und Klang sind die zentralen Momente, die die Arbeit bestimmen. Durch eine der Maschinenanlage eigenen ‚Atemfrequenz‘ erhält das aus technischen Materialien bestehende Gefüge eine organisch wirkende Körperlichkeit. Das Feld der Kissen wirkt, indem es sich auf der einen Seite bewegt und sozusagen ‚atmet‘ und verschiedene Zustände von Stärke und kräftiger Aktivität aufweist und auf der anderen Seite auch Momente der Erschlaffung und der Ruhe beinhaltet, fast lebendig –  wie ein bio-technisches autonomes System.

Durch das Zusammenspiel der zwei Sinnesreize, nämlich des visuellen sowie des auditiven, werden Betrachter und Betrachterin in mehrfacher Hinsicht gefordert. Das, was man in der Installation sieht, wirkt technisch, maschinell. Die mechanische Konstruktion ist durch das Sehen zu erfassen und logisch zu verstehen. Demgegenüber erfüllt der Klang den ganzen Raum. Die Betrachter können dem Klang gegenüber keine distanzierte Position einnehmen, sie werden vielmehr vom ihm eingehüllt, befinden sich sozusagen mitten im Klanggeschehen. Beim Hören der Klänge ist es schwierig, durch logische Überlegungen auf den Ursprung und das zugrunde liegende System der Töne zu schließen. Die Sicherheit, die man durch das Sehen erlangt, wird durch die Klänge durchbrochen. Die Unmittelbarkeit der Klänge, der man sich nicht entziehen kann, dient dazu, verstärkt Gefühle und Assoziationen zu erzeugen.

Die Verarbeitung von Klängen und Musik ist ein zentrales Anliegen der Künstlerin, das sich in allen ihren Arbeiten widerspiegelt. Inga Buchholz war über viele Jahre Mitglied eines Akkordeonssextetts für Avantgardemusik, mit dem sie zahlreiche internationale Wettbewerbe gewann und ist derzeit die Pianistin des Tango – Nuevo-Quintetts Primavera Del Tango.

Fotos: Künstlerin, Martina Achenbach