Ausstellungsarchiv

Wirklich Jetzt!

Elí Cortinas, Jérome Gerull, Peter Loewy, Henning Frederik Malz, Johanna Reich, Malte Stienen

In Kooperation mit dem Museum Goch

Ausstellungsdauer: 22.05. – 03.07.2016

Zeitgenossenschaft nicht nur zu leben, sondern sie zu reflektieren und zu gestalten ist eine große und andauernde Herausforderung, der sich junge Künstlerinnen und Künstler in besonderer Weise stellen. Im Spannungsfeld zwischen Mainstream und individueller Selbstbehauptung thematisieren sie nicht nur eine immer komplexer werdende und sich zunehmend beschleunigende Lebenswirklichkeit, sondern formulieren auch ihr Ringen um eine unverwechselbare künstlerische Haltung angesichts dieses vielschichtigen und flottierenden Lebensumfelds. Das Ausstellungsprojekt „Wirklich Jetzt!“ führt zeitgleich an verschiedenen  Ausstellungsorten, die sich unterschiedlichen Zielgruppen widmen, künstlerische Positionen zusammen, die eines eint: ihr Interesse, sich auf höchst differente Art diesem Diskurs mit den Phänomenen der Gegenwart, ihren gesellschaftlichen Trends und Entwicklungen zu stellen.

Die Ausstellungen im Kunsthaus Essen und im Museum Goch bieten der Sub- und Populärkultur ein öffentliches Forum. Dem entsprechend stehen hier Arbeiten, die sich arrivierter künstlerischer Medien bedienen Seite an Seite mit Werken, die alltagstaugliche Techniken künstlerisch brechen. Klassische Fotografie begegnet der trendigen und im täglichen Leben omnipräsenten Handyfotografie. Sampling-Verfahren von Videobildern erscheinen neben Direktübertragungen von YouTube-Filmchen aus dem world wide web und Found Footage basierte Arbeiten verdichten zufällig gefundenes Bildmaterial zu beeindruckenden filmischen Erlebnissen.

Das Kooperationsprojekt des Kunsthauses Essen mit dem Museum Goch nimmt dieses verdichtete Wechselspiel zwischen Kunst- und Lebenswelt zum Anlass, danach zu fragen, welche Relevanz diese vermehrte formale und geistige Reflexion alltäglicher Kontexte und Problemfelder für den gegenwärtigen Kunst- und Ausstellungsbetrieb besitzen. Zeitgleich präsentiert es an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Institutionen  künstlerische Arbeiten, die sich der Alltagsanalyse verschrieben haben. Welche Trends und Phänomene unserer Lebenswirklichkeit sind kunst- und ausstellungswürdig? Können und sollen Ausstellungsinstitutionen mehr denn je die Rolle von Kraftwerken spielen, die Trends und Phänomenen der Gegenwart eine Bühne bieten und dadurch deren omnipräsente gesellschaftliche Präsenz möglicherweise visuell noch zu verstärken? Welche Erwartungen hegt das Publikum gegenüber Ausstellungsorten wie Kunstvereinen, Künstlerhäusern und Museen? Wie definieren sich diese Orte selbst im Hinblick auf ihren Stellenwert im Kunstbetrieb und in der Gesellschaft? Wie aktuell müssen Ausstellungen sein? Sollten sie atemlos jedem Trend, jeder Mode hinterher jagen, um sich damit gegenüber der Konkurrenz abzuheben  und um mehr Besuchergruppen erreichen zu können? Oder sollten gerade sie sich bewusst dem Risiko aussetzen, noch nicht historisierbare künstlerische Äußerungen aufzugreifen und zu kontextualisieren, um auf diese Weise nicht nur einem Fachpublikum, sondern auch einer breiteren Öffentlichkeit exemplarisch und auf qualitativ hohem Niveau immer wieder neue Auseinandersetzungen mit der Lebenswirklichkeit der Gegenwart zu ermöglichen?

Definitive Antworten auf derartige Fragen gibt die Ausstellung bewusst nicht. Statt dessen aber sind die Besucher selbst aufgefordert, ihre individuelle Haltung zu den Kunstwerken zu finden, deren Kunstwürdigkeit und -wertigkeit kritisch zu deuten, um so letztendlich ihre Erwartungshaltung gegenüber etablierten Ausstellungsinstitutionen selbst formulieren zu können.

Fotos: Stephan von Knobloch

 

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