Ausstellungsarchiv

Nadine Weixler & Peter Schreiner

Vice Versa

Ausstellungsdauer 08.11. – 13.12.2020

Mit dem Ausstellungsprojekt Vice Versa wendet sich das Kunsthaus Essen zweier eigenständiger, an vielen Stellen aber eng verbundener künstlerischer Positionen zu. Die geplante Präsentation ist die erste institutionelle Einzelausstellung von Nadine Weixler und Peter Schreiner in Deutschland. Mit Foto- und Videoarbeiten, Publikationen und raumgreifenden Installationen nimmt sie die unterschiedlichen Strategien der Künstler*innen zur Beschreibung und zur Deutung von Wirklichkeit, sowie zum experimentellen Umgang mit reproduktiven Medien in den Blick.

Gezeigt werden neben einer, beiden Künstler*innen gewidmeten, umfassenden Werkschau auch Arbeiten, die einer langjährigen kollaborativen Praxis entstammen. Ihre Funktion ist es dabei nicht, zwei hermetische Positionen künstlich zu verbinden. Vielmehr erscheint diese kollaborative Ebene als eine natürliche Fortführung von Aspekten aus beiden Werken. In ihr wird vertieft, was in den eigenständigen Arbeiten von Nadine Weixler und Peter Schreiner an Verbindungen bereits vorhanden ist. Denn davon gibt es viele, von offensichtlichen Gemeinsamkeiten bis hin zu flüchtigen Momenten, die sich vielleicht nur eingeweihten Betrachter*innen zu erkennen geben. Die Wege, die durch diese Verflechtungen führen sind deshalb keine geraden. Sie bestehen aus Umwegen und Abkürzungen, die vielleicht weniger dazu geeignet sind die Dinge zu ordnen, als bestimmte Grenzen (zumindest) zu verschmieren.

Eine wichtige Erweiterung und Ergänzung des Ausstellungsprojekts ist ein zeitlich parallel geplanter Residenzaufenthalt der Künstler*innen im Gastatelier des Kunsthauses Essen. Als Artists in Residence erhalten Nadine Weixler und Peter Schreiner für einen Monat die Möglichkeit, die Stadt Essen sowie die gesamte Region aus der Nähe kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen und im großzügig bemessenen Atelierraum künstlerische Ideen umzusetzen. Der geplante Aufenthalt entspricht dabei grundlegend dem Interesse des Kunsthauses Essen, den künstlerischen Ideentransfer international zu unterstützen und ausgewählten Gastkünstler*innen die einzigartige Kulturlandschaft des Ruhrgebiets und der Stadt Essen zugänglich zu machen.

Peter Schreiner

Fragen nach dem Verhältnis von Ereignis und Deutung, von Geschichtsschreibung und Dichtung stehen im Zentrum der von Peter Schreiner betriebenen künstlerischen Forschungsarbeit. Das Interesse gilt dabei dem Ereignis selbst, welches erst durch seine Überführung in das Medium der Sprache und durch seine Einbettung in einen narrativen Zusammenhang mit historischem Sinn versehen wird. Zur Anwendung kommen reproduktive Verfahren wie Fotografie und Text, deren traditionelle Bindung an eine gegebene, eindeutig bestimmbare Realität sich mehr und mehr löst. Im Arrangement der Bedeutungsträger und ihrer fortwährenden Re-Kontextualisierung in bestehenden und neuen Ordnungssystemen werden Prozesse sichtbar mittels derer Geschichte geschrieben und Wirklichkeit konstruiert wird.

Peter Schreiner
* 1980 (A), studierte Geschichte an der Universität Wien und Fotografie an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. Vorstand Fotohof Salzburg, unterichtet am Mozarteum Salzburg, lebt und arbeitet in Wien und Salzburg.
www.peterschreiner.at

Nadine Weixler

Nadine Weixlers künstlerischer Arbeit liegt eine genaue Beobachtung des alltäglichen Lebens zugrunde. Dabei werden Momente diskutiert, die gänzlich im „Dazwischen“ angesiedelt sind, wie etwa in ihren großformatigen Fotografien der Werkgruppe Memos. Hier setzt die Künstlerin Situationen ins Bild, die, soweit dies für das Medium der Fotografie überhaupt möglich ist, das Fehlen eines erzählerischen oder ästhetischen Höhepunkts eint. Sie zeigen eine, dem mitteleuropäischen Blick vertraute, urbane Szenerie. „Das, was passiert, wenn nichts passiert außer Zeit, Menschen, Autos, Wolken“ (George Perec, Versuch einen Platz in Paris zu beschreiben, 1974)
Auch im Blick auf die Werkgruppe „Männer und Autos“, die 2017 in Teheran entstanden ist, wird eine Erzählweise sichtbar, die einer persönlichen Sicht, einem spezifischen Interesse am Alltäglichen und der Annahme einer vielleicht universellen Qualität der Dinge gewidmet ist, die sich hinter dem vordergründigen Reiz des Fremden verborgen hält.

Nadine Weixler
* 1987 (A), studierte Fotografie an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. Vorstand Fotohof Salzburg, lebt und arbeitet in Salzburg und Wien.

 

Ausstellung und Künstler*innenresidenz wurden gefördert durch:

Kulturamt Stadt Essen, Land Salzburg, Österreichisches Bundesministerium Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport

Fotos: Stephan von Knobloch