Ausstellungsarchiv

Untergang

Idan Hayosh

Ausstellungsdauer: 06.09. – 11.10.2015

Idan Hayosh ist der erste Künstler, der von März bis September 2015 die neu geschaffene Residenz im Kunsthaus Essen wahrnehmen wird. Das KHE-Residenz-Programm wurde als Nachfolgeprojekt zum Stipendium „Junge Kunst in Essen“ entwickelt, das nach sechzehnjähriger erfolgreicher Laufzeit vorübergehend pausiert. Mit der KHE-Residency sollen junge Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit erhalten, für einen bestimmten Zeitraum im Kunsthaus Essen zu wohnen und zu arbeiten. Die Auswahl der Residenz-Künstler geschieht ausschließlich auf Vorschlag. Gesucht wurden dabei Positionen, die sich mit aktuellen künstlerischen wie gesellschaftlich relevanten Fragestellungen beschäftigen und so stellvertretend wesentliche Tendenzen des zeitgenössischen Kunstschaffens reflektieren.

Idan Hayosh hat am Ende seines sechsmonatigen Residenzaufenthaltes im Kunsthaus Essen eine überwältigende künstlerische Inszenierung geschaffen, die mit optisch wirksamen Versatzstücken arbeitet und damit die abstrakte Idee des „Untergangs“ physisch und mit allen Sinnen erfahrbar werden lässt. Durch installative Eingriffe in das Ordnungssystem der vorhandenen Ausstellungsarchitektur wird ein Zustand höchster Spannung erlebbar. Warum wird eine Ausstellung für das Publikum geöffnet, wenn doch die dafür vorgesehenen Räume durch eindringendes Wasser eigentlich nicht betretbar sind? Den Künstler interessieren unauflösbare Widersprüche, künstlich herbeigeführte Paradoxien und Zustände erhöhter Alarmbereitschaft, in die er die Besucher seiner raumgreifenden Installationen scheinbar mühelos versetzt. Die fast zwanghaften Ordnungssysteme, mit denen er seine Inszenierungen durchsetzt, widersprechen als formale Setzungen der chaotischen Anarchie, mit der sich die zum Einsatz gebrachten Naturelemente wie Licht und Wasser manifestieren. Und am Ende ist der Besucher froh, den Ausstellungsparcour unbeschadet verlassen zu haben, um kurz darauf – getrieben von einer faszinierenden Erlebnisdichte – die physische wie emotionale Konfrontation mit Idan Hayoshs Untergangsszenario erneut zu suchen.
(Text: Uwe Schramm)

Idan Hayosh

Zwischen Eleganz und Aggression: Idan Hayosh arrangiert Kettensägen, Triebwerke oder Generatoren zu streng symmetrisch angeordneten Installationen. Hayoshs Installationen sprechen die Sinne des Betrachters an und versetzen ihn in Alarmbereitschaft. Ihre rigide Symmetrie, der fast schon zwanghafte Ordnungswahn irritiert. Akustisch aber bläst Hayosh zum Angriff. Betritt man etwa seine Installation B52 display, für die verschiedene Gasflaschen pfeilförmig angeordnet wurden, ist das Geräusch entweichenden Gases so deutlich zu vernehmen, dass man nur im Raum bleiben kann, wenn man bewusst die inneren neuronalen Warnsignale missachtet.

Alle Installationen von Hayosh stellen die Grundrisse von Fotos nach, auf denen Flugzeuge, Hubschrauber, Bomben, Panzer, Raketen und Maschinengewehre von Waffenherstellern und von Armeen verschiedener Länder zu Tableaus arrangiert werden. In gewisser Hinsicht machen die Installationen diese Fotos erst real erfahrbar, übersetzen sie in ein abgründiges Theater der Abschreckung.

Aufgewachsen ist Hayosh in Ràanana, einer Kleinstadt im Einzugsbereich von Tel Aviv. Nach seinem Fotografie-Studium in Tel Aviv konnte er nach Amsterdam ziehen, um an der Rietveld Academie zu studieren und zu arbeiten, seit etwas mehr als einem halben Jahr lebt er in Berlin. An seine Erfahrungen in Israel denkt er trotzdem noch jeden Tag. Trotz dieser Erfahrungen macht der selbsterklärte Pazifist keine explizit politische Kunst. Ihm geht es um die visuelle Kraft von Bildern und darum, wie einfach es ist, sich von ihnen einfangen zu lassen.
(Quelle: Daniel Schreiber, in: www.db-artmag.de)

Fotos: Stephan von Knobloch

 

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